Der Werdegang der Brücken zwischen Mülheim und Riehl könnte nicht typischer sein für die Rheinbrücken in unserer Region. Über Jahrhunderte gab es eine Fährverbindung zwischen den Orten, die heute beide Kölner Stadtteile sind. Im 19. Jahrhundert installierte man eine Pontonbrücke, die im Zuge der Industrialisierung einer stählernen Konstruktion weichen musste. Die erste feste und mehrspurige Brücke wurde dann am Ende des zweiten Weltkriegs zerstört und in den Zeiten des Wirtschaftswunders durch ein neues Bauwerk ersetzt. Bei der Mülheimer Brücke spielte Konrad Adenauer nicht nur beim zweiten Kölner Brückenstreit eine Rolle, sondern auch bei der heute noch existierenden Konstruktion, die seit einigen Jahren einer umfangreichen Sanierung unterzogen wird.

Die Mülheimer Schiffbrücke, 1888 (Foto: via Wikimedia)

Die Mülheimer Schiffbrücke, 1888 (Foto: via Wikimedia)

Der Streit drehte sich Mitte der Zwanzigerjahre des 20. Jahrhunderts um die Frage, nach welchem Konstruktionsprinzip die geplante feste Brücke – die zu bauen sich die Stadt Köln bei der Eingemeindung Mülheims 1914 verpflichtet hatte – errichtet werden sollte. Unter gestalterischer Leitung des großen Designers, Architekten und Malers Peter Behrens, hatten die Friedrich Krupp AG und die Franz Schlüter AG eine monumentale Bogenbrücke vorgeschlagen, mit der sie den Wettbewerb gewannen. Adenauer aber wollte partout eine Hängebrücke, schließlich war der Direktor des kölschen Stahlseilherstellers Felten & Guilleaume nicht nur Mitglied derselben Partei, sondern dem damaligen OB freundschaftlich verbunden. Weil sein Unternehmen am Bau einer Hängebrücke ordentlich verdienen würde, bevorzugte Adenauer diese Lösung. Aber die Stadtverordneten verweigerten ihm die Zustimmung. Selbst als der OB einen Abstimmungspakt mit der KPD-Fraktion einging, reichte es nicht. Erst nach einigem Hin und Her und heftigen Auseinandersetzung stimmte der Stadtrat der Adenauer’schen Lösung zu – bis heute ein Beispiel für das, was man “kölschen Klüngel” nennt.

Die Einweihung der ersten festen Mülheimer Brücke 1929 (Foto: Bundesarchiv)

Die Einweihung der ersten festen Mülheimer Brücke 1929 (Foto: Bundesarchiv)

Im Oktober 1929 wurde die unechte Hängebrücke eröffnet. Für den Bau musste das beliebte linksrheinische Ausflugslokal namens “Mülheimer Häuschen” weichen. Die Brückenrampen begannen auf der Mülheimer Seite unmittelbar am Wiener Platz, auf der linken Rheinseite war die Brücke an den Riehler Straße angebunden, die von hier aus parallel zum Ufer in die Kölner Innenstadt führte und immer noch führt. Zum Zeitpunkt von Planung und Bau war die Mülheimer Brücke nicht nur als innerstädtische Rheinquerung gedacht, sondern quasi als Zubringer zur Fernstraße, die heute als Bundesstraße B 8 von Elten an der niederländischen Grenze bis nach Passau führt. Die ist im Verlauf weitgehend identisch mit der römischen Via Publica, deren Teilstück in der Region die als Cölnische Hohe Heer- und Geleitstraße die wichtigste Straßenverbindung zwischen Köln und Frankfurt bildete. Die Rolle als Teil einer Fernverbindung hat die 1951 eröffnete Nachfolgebrücke nur kurze Zeit eingenommen, weil die Vollendung des Kölner Autobahnrings die Bedeutung der B 8 als Nordwest-Südost-Strecke eingebüßt hat.

Blick zur Mülheimer Brücke vom Wiener Platz aus (Foto: via Wikimedia)

Blick zur Mülheimer Brücke vom Wiener Platz aus (Foto: via Wikimedia)

Als im Herbst 1944 der große Vormarsch der US-Truppen aufs Rheinland abzusehen war, ordnete die politische Führung des NS-Regimes an, alle Rheinbrücken für die Sprengung vorzubereiten, um den Alliierten den Übergang über den Strom so schwer wie möglich zu machen. Die Mülheimer Brücke war unter den ersten, die entsprechend präpariert wurde. Am 14. Oktober 1944 zündete ein eher harmloser Bombentreffer den deponierten Sprengstoff, und die Brücke wurde zerstört und unpassierbar. Aber schon in den ersten Wochen nach Kriegsende stand fest, dass an selber Stelle wieder eine feste Verbindung zwischen Mülheim und dem Kölner Norden errichtet werden sollte. Dieses Mal sollte es eine echte Hängebrücke werden, also eine, bei der die Stahlseile die Kräfte aufnehmen und über die Pfeiler in den Grund weitergeben. Entworfen wurde der Neubau vom Kölner Ingenieur Wilhelm Riphahn und dem Vater so vieler Rheinbrücken, Fritz Leonhardt, für den ästhetische Gesichtspunkte beim Brückenbau immer eine große Rolle spielten.

Huldigung an Konrad Adenauer mit einem Gemälde zum Brückenbau

Huldigung an Konrad Adenauer mit einem Gemälde zum Brückenbau (© Raimond Spekking)

Eröffnet wurde die erste Brücke der Stadt, die im mittlerweile legendären Kölner Brückengrün angestrichen ist, am 8. September 1951 vom damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer, von dem bekannt ist, dass er von der Schönheit dieser Brücke (die ja noch mehr dem entsprach, was er sich als OB in den Zwanzigerjahren gewünscht hatte) sehr angetan war, dass sie vermutlich sein Favorit unter allen Kölner Brücken war. Die Konstruktion war für damalige Verhältnisse hochmodern, was sich allein schon im vergleichsweise geringen Gesamtgewicht zeigte. Allerdings zeigte die Brücke mit zunehmender Belastung auch konstruktive Schwächen, die sich drastisch verstärkten als im Zuge der Teilsperrung der Leverkusener Autobahnbrücke immer mehr Schwerlastverkehr hier den Rheinübergang suchte. Auch wenn man ab 2013 Sperrungen für Lkw mit mehr als 30 Tonnen anordnete und ein Tempolimit von 30 km/h für Lastwagen, hatte die Brücke doch so gelitten, dass Stück für Stück beinahe neu gebaut werden muss – die vollständige Wiedereröffnung ist für das Jahr 2022 vorgesehen.

[Fotos: Titelbild – A.Savin via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0; Pontonbrücke -; Einweihung 1929 – Bundesarchiv; Wiener Platz – 4028mdk09 via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0; Adenauer – © Raimond Spekking via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 4.0]

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