Käpt’n Tiger ist seit 1965 Schiffsführer auf europäischen Wasserstraßen und fährt seit 17 Jahren Schiffe der Weißen Flotte Düsseldorf-Duisburg. Wir hatten das Glück, ihn auf einer Bereitstellungsfahrt aus dem Hafenbecken zum Steiger an den Kasematten unterhalb der Düsseldorfer Rheinuferpromenade zu begleiten. Das an einem knackig kalten, sonnigen Samstagnachmittag im Januar. Im Becken unterhalb der ehemaligen Papierfabrik parken die Schiffe der Weißen Flotte. Von hier aus werden sie bei Bedarf zum besagten Steiger überführt, wo dann die Gäste an Bord kommen. Jetzt weit außerhalb der Saison handelte es sich um eine Charterfahrt; ein Neusser Unternehmen hat sein Firmenfest aufs Schiff verlegt.

Im Hafen arbeitet eine eingespielte Crew. Während die gastronomischen Mitarbeiter das gecharterte Schiff, die MS Düsseldorf, für die Bewirtung der Gäste vorbereiten, kümmern sich die technischen Experten darum, dass die Fahrt reibungslos verlaufen kann. Käpt’n Tiger ist auch schon da: „Ich muss erst mal die Jan Wellem wegbringen,“ sagt er. Denn dieses Schiff liegt neben der MS Düsseldorf. Wir gehen mit in den Steuerstand. Der erfahrene Binnenschiffer bugsiert das große Gefährt mit Konzentration und Präzision: „Sind ja schon ein paar Tonnen, die zu bewegen sind.“ Er hat sich für uns in Schale geworfen. Ein weißes Hemd zur Kapitänsuniform. Dazu die klassische Mütze. Nur die Krawatte hat er vergessen.

Dann legen wir ab und fahren im Schritttempo durchs Hafenbecken. Eine Eisschicht hat sich gebildet. „Jetzt machen wir den Eisbrecher,“ sagt Tiger. Wie er denn richtig heißt, fragen wir. Darauf geht er nicht ein. „Ich hab vor Jahren mal eine Firme für Entrümpelungen gehabt. Die Konkurrenz war groß. Da habe ich gedacht, der Laden braucht einen griffigen Namen. Und bin auf ‚Tiger Entsorgung‘ gekommen. Der Name ist an mir kleben geblieben.“ Weil er auch als Alleinunterhalter unterwegs ist, gibt es sogar ein offizielles Käpt’n-Tiger-T-Shirt. Er macht uns auf die Spiegel zu beiden Seiten des Steuerstandes aufmerksam: „Die sind lebenswichtig. Vor allem für die Leute, die die Leinen losmachen – die kann ich nur in den Spiegeln sehen.“

Der Steuerstand stellt eine gemütliche Mischung aus Hightech samt Laptop und jeder Menge Familienfotos und Erinnerungsstücke dar. Plötzlich liegt ein Autotransporter quer vor uns. „Den lassen wir mal in Ruhe wenden, damit der ohne Stress aus dem Hafen kommt.“ Man verständigt sich per Funk – erfahrene Schiffer unter sich. Dann laufen wir unter der Fußgängerbrücke am Medienhafen hinaus auf den Strom. Die Sonne steht niedrig und taucht alles in goldenes Licht. Ein junger Kollege soll das Anlegemanöver vornehmen. Käpt’n Tiger gibt ihm mit ruhiger Stimme Ratschläge. „Wir haben kleines Wasser,“ erläutert er, „wenn ein großer Kahn vorbei läuft, gibt es einen starken Sog. Dann kriegen wir das Schiff nicht an den Steiger.“ Also warten wir ab, bis zwei schwere Binnenschiffe uns passiert haben.

Am Gitter der Promenade stehen die Menschen und schauen uns zu. Viele fotografieren das Schiff oder winken. Die Weiße Flotte gehört nicht nur für Düsseldorfer einfach dazu. Auch Touristen freuen sich über das Manöver. Die Catering-Truppe bringt das Büffet aufs Schiff. Kellnerinnen und Kellner bauen auf. Auch der DJ kommt an Bord und bereitet sich auf die Charterfahrt vor. Wir verabschieden uns von Käpt’n Tiger. „Bis zum nächsten Mal,“ sagt er. Und, ja, wir werden sicher wieder mitfahren. Ganz bestimmt im Sommer, wenn der Linienverkehr (PDF-Link) von der Altstadt bis nach Kaiserswerth und zurück wieder läuft.

Teilen.

Antworten